Bundesbern mischelt derzeit die finalen Dossiers zusammen, um Brüssel gegenüber in gehorsamstem Bückling das Rahmenabkommen zu überreichen. Gut, gibt es Stimmen, die sich für einen Zwischenhalt stark machen. So kürzlich wieder in der NZZ.
Es ist Zeit, dass die EU-Sehnsüchtigen in Bern auf ihren inneren Drang nach einem Brüsseler Büro verzichten. Zugunsten einer souveränen Schweiz.
Wenn wir souverän bleiben, bleiben wir stark, flexibel, wirtschaftlich erfolgreich, attraktiv.
Unter vielen Detail-Argumenten gegen den drohenden Rahmenvertrag ist ein übergeordnetes Schema dasjenige der ungleichen Verträge («unequal treaties»). Darüber haben Carl Baudenbacher und Mads Andendas in der NZZ kürzlich geschrieben. Carl Baudenbacher war Präsident des Efta-Gerichtshofs und ist heute unabhängiger Schiedsrichter und Konsulent. Wenn einer weiss, wovon er spricht, dann ist es er. Gemeinsam mit Mads Andenas, Professor an der Universität Oslo und ehemaliger Direktor des King’s College der University of London, legt er in der NZZ dar, wie die EU die Bedürfnisse der Schweiz mit Füssen tritt. [Das InstA – ein «EWR des armen Mannes» – NZZ 12.10.2020]
«Das fertig verhandelte, aber nicht unterschriebene Institutionelle Abkommen zwischen der Schweiz und der EU (InstA) weist Elemente auf, die klar in die Richtung eines ungleichen Vertrages gehen.»
Bisher sei eine von beiden Seiten recht erfolgreiche Zusammenarbeit betrieben worden: Bilaterale Verträge, bei Streit sitzt man zusammen und löst den Konflikt.
Dieses Vorgehen passt der EU nicht mehr. Den Brüsseler Beamten passt es ja grundsätzlich nicht, wenn ein Land in Europa ausserordentlich erfolgreich ist. Inbsesondere seit dem Brexit will die EU einfach nur noch ihre (verbleibende) Macht durchdrücken. Erpressung (Börsenäquivalenz), Drohungen, Mauscheleien im Hinterzimmer (EU-Ursula und CH-Simonetta am WEF), Droh-Tweets eines Charles Michel:
Auch eine Ursula von der Leyen befiehlt fordert nun, den Rahmenvertrag doch bitte «zügig» (sie meinte wohl: «soforrrt») fixfertig unterschrieben nach Brüssel zu bringen. Diese Aufforderung kam wenige Tage nach der Abstimmung zur Begrenzungsinitiative, wie abgemacht zwischen Ursula und Simonetta…
Die EU trötzelt wie ein kleines Kind. Übliche laufende Verhandlungen werden blockiert, es wird Druck aufgebaut.
Den Ex-Bundesrat Didier Burkhalter, radikaler EU-Fan, hat man damals einfach machen lassen beim Schreiben des Rahmenvertrags. Was er der Schweiz eingebrockt hat, müsste der Schweiz (gemeint sind die Stimmbürger) nun langsam klar sein. Auch im Bundesratszimmer spürt man nun, wie dumm das gelaufen ist – mit einem InstA-Vertragsmurks, der zu entgleiten droht.
Es ist dran, das früher fehlende Rückgrat nun endlich einzutrainieren. Wenn Bundesbern weiterhin kein Rückgrat hat, wird das neue Vertragswerk mit der EU höchst ungleich werden.
Baudenbacher/Andenas schreiben: «Die Ausgestaltung des InstA ist nun allerdings alles andere als ausgewogen. Um die dynamische Rechtsübernahme kommt zwar nicht herum, wer mit der EU ins Geschäft kommen bzw. im Geschäft bleiben will. Ungleiche Elemente sind hingegen die Zuständigkeit des EuGH, dem als Gericht der einen Seite die Unparteilichkeit fehlt, was durch die Vorschaltung eines Pro-forma-Schiedsgerichts nur notdürftig camoufliert wird, und die De-facto-Überwachungskompetenz der Kommission, die jederzeit ihren eigenen Gerichtshof anrufen kann. Man wird nicht übersehen, dass diese Mechanismen aus den Assoziationsabkommen der EU mit der Ukraine und anderen postsowjetischen Staaten stammen.»
Die EU ist ein künstlich aufgesetztes Machtkonstrukt geworden. Ob es den Menschen in Europa nachhaltig dient (indem es ihnen Selbstbestimmung gibt), interessiert die Apparatschiks in Brüssel nicht. Sie merken nicht mal, dass sie immer mehr mit dem Rücken zur Wand stehen – ihre Reaktionen auf den Brexit haben dies offensichtlich gemacht.
Sich als souveränes Land in einem solchen Konstrukt aufzulösen, wie es der Bundesrat und gewisse Teile des Polit- und Beamtenapparats Bern machen wollen, kommt einer Kapitulation gleich.