Es gibt auch Wirtschafts-Bosse in der Schweiz, die sehr genau wissen, warum die Schweiz so erfolgreich geworden ist, wie sie es heute ist. Und die sich klar gegen eine unterwürfige Schweiz aussprechen.
Nick Hayek, Chef der Swatch Group (u.a. Blancpain, Breguet, Longines, Omega, Rado, Swatch, Tissot), ist so jemand. Er sorgt derzeit an der Uhrenmesse Basel für Unruhe, weil er mit keiner seiner grossen Marke in Basel dabei ist.
In einem Interview mit Eveline Kobler am Schweizer Radio erklärt er seine Strategie in Sachen Uhrenmessen – aber auch in Sachen Rahmenvertrag und Schweizer Identität.
Hier ein Extrakt aus diesem Interview (ohne Anspruch auf 100%-wörtliche Wiedergabe):
«Die Schweiz ist doch das perfekte Beispiel, wie eine EU funktionieren könnte! Sie ist föderalistisch, hat pragmatische Gewerkschaften und Arbeitgeber, viel Unabhängigkeit, ist nicht zentralistisch geführt – Zentralismus und Schweiz passen nicht zusammen –, und hat zum Glück nur wenige Berufspolitiker (bis jetzt).
Die EU könnte lernen von uns. Die Schweiz sollte Europa ein Rahmenabkommen anbieten, wie es sich organisieren soll. Ihr zeigen, wie sie von der Schweiz vieles übernehmen kann.
Denn was wir heute sehen in der EU: Sie ist zentralistisch, hat riesige Probleme, in vielen Bereichen gerät sie immer mehr ins Hintertreffen.
Wir Schweizer müssen nicht arrogant werden, aber wir müssen uns auch nicht schämen für alles, was wir in der Schweiz erreicht haben.
Es ist aber bei der EU so: Sobald die Schweiz auf ihre Eigenheiten pocht, die ja eben ihre Stärken ausmachen, setzt die EU Druck auf. Beispiel Börsenequivalenz. Das ist nicht akzeptabel. Wir sollten uns nicht erpressen lassen.
Das Rahmenabkommen ist wichtiger für die andere Seite, also diejenige Europas. Auch wenn man uns in der Schweiz immer sagt, es sei soooo wichtig für die Schweiz. China, Japan, USA sind sehr gross auch. Mit diesen Märkten operieren wir sehr gut, und diese schätzen Schweizer Produkte.»
Die Moderatorin Eveline Kobler bemerkt: «Das ist ein Plädoyer gegen das Rahmenabkommen. Sie können und wollen ohne Rahmenabkommen leben…» (Spürt man da etwas Irritation in der Stimme der SRF-Frau? Da hat ja jemand eine Meinung, nicht nicht unser aller Mainstream-Meinung entspricht! Und es geht um Leben oder Tod!)
– Also, Plädoyer gegen das Rahmenabkommen? –
Hayek: «Ja, abolut. Es braucht selbstverständlich eine Geisteshaltung, dass wir Abmachungen treffen, permanent, mit allen da aussen. Müssen wir, wollen wir, machen wir auch, weltweit.
Aber: Das hier ist eine Erpressung. Die Schweiz sagt: Ojeh, ojeh, wenn wir dies-und-dies nicht machen, dann passiert das-und-das…
Na, dann lassen wir doch «das-und-das» mal passieren!
Wir verhalten uns immer ein wenig defensiv, wir denken immer, wir seien klein und arm – stimmt ja nicht! Darum wollen ja die Europäer alle die Schweiz bei sich haben – weil die Schweiz viel Geld hat!
Als der damalige deutsche Bundeskanzler Kohl mal bei meinem Vater zu Besuch war (es ging ums Smart-Auto, ich erinnere mich noch daran, auch weil ich damals noch keine grauen Haare hatte), fragte mein Vater den Bundeskanzler: ‹Warum wollt ihr eigentlich die Schweiz so gerne in der EU haben?› – ‹Wegen der Kohle!› »
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Der Geschäftsverlauf der Swatch Group beweist: Eigenständigkeit, Innovation, Kreativität, Rückgrat, Föderalismus und der Wettbewerb der Ideen bringt Erfolg, Sicherheit, Wohlstand.
Hingegen Zentralismus, Machtspiele, Erpressung und Manipulation (also die heutige EU und das Rahmenvertrags-Gezerre) bringt das Gegenteil.
Mit dieser klaren Haltung steht die Swatch Group auch in einem Konflikt zu Economiesuisse (gemäss Hayek eine «sogenannte» Wirtschafts-Dachorganisation).
Hayek kritisiert auch das Börsen-Casino: «Die Börsenmentalität greift auch hier immer mehr um sich und zerstört langfristige, verantwortliche unternehmerische Tätigkeit.»
Hayek setzte kürzlich mit dem Neubau der Swatch Group Zentrale in Biel ein unübersichtliches Zeichen für Swissness, die international perfekt eingebettet ist. Der japanische Architekt hat einen riesigen Drachen («natürlich alles aus Schweizer Holz») gebaut, auch als architektonische Verbindung zu Omega, «der Uhrenmarke mit der wohl stärksten Innovationskraft weltweit.»
Mit der Tatsache, dass die Swatch-Marken nicht an der Uhrenmesse präsent sind, will Hayek auch ein weiteres Zeichen setzen: «Was die Schweiz braucht, ist das Swiss Made verstärken. Innovationen! Der Weltmarkt will wissen: ‹Macht ihr eure Produkte selber?› Es braucht dazu keinen Event für die Einkäufer, sondern das Vertrauen des Konsumenten auf eben diese Swissness.»
Es müsse also wieder mehr Geld in harte Arbeit, Innovationen, Forschung und Entwicklung fliessen. Anstatt nur in Marketing und extern eingekaufte Bauteile.
Die Schweiz könnte noch viel mehr Nick Hayeks gebrauchen, vor allem in den Bundesberner EU-Freundesclubs. Hayek sagt über sich selber, er wäre auch ohne eine Karriere in der Uhrenwelt etwas ähnliches geworden. «Kreativ, leicht chaotisch, sagen können was man denkt, und eine Piratenfahne vor dem Fenster.»