Das EU-Parlament hat weitere Massnahmen zur Regulierung des Internets beschlossen. Sie ist verantwortlich für den immer grösser werdenden Rückstand der europäischen digitalen Industrie und Dienstleistungsbranche. Es geht um digital Urheberrechte. Die EU versteckt ihre Kontrollwut hinter gut klingenden Worten wie «besserer Schutz des Urheberrechts». Es sieht aber eher nach aus nach: «Wir müssen unsere Untertanen laufend besser kontrollieren.»
Die Taktgeber in diesem Bereich, der überall immer wichtiger wird, sind Asien, vorab China, und die USA. Der digitale Fortschritt und die damit verbundenen Veränderungen für die Innovationskraft, für die Unternehmen, für die Arbeitswelt und für die Gesellschaft sind unaufhaltsam.
Offenbar glauben die EU-Politiker, den Rückstand mit staatlichen Eingriffen wie Regulierungen und Verboten wettzumachen und die führenden Technologiekonzerne in Schach zu halten. Zudem sollen Medienunternehmen, welche nicht in der Lage sind, sich weiterzuentwickeln, den Status einer staatlich geschützten Werkstatt erhalten.
Statt die Rahmenbedingungen für die Herausforderungen fit zu machen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, schaltet Brüssel auf europäischen Gutmenschen-Sozialismus, glaubt die Bürgerinnen und Bürger damit glücklich zu machen.
Oder geht es am Schluss darum, dass die EU-Elite die Kommunikationskanäle kontrollieren will?
Rainer Stadler nimmt in der NZZ vom 13. September 2018 pointiert Stellung zu den EU-Beschlüssen: «Das verschärfte EU-Urheberrecht zwingt die sozialen Netzwerke zu strikterer Kontrolle und die Suchmaschinen zu einer Gebührenpflicht. Das ist unsinnig»:
Das EU-Parlament will das Urheberrecht verschärfen. Der damit eingeführte Zwang ist allerdings schwer zu legitimieren.
Sind die Werte der Aufklärung in Gefahr? Man könnte es meinen, wenn man derzeit in der Presse die heftigen Kommentare liest, welche sich mit dem Urheberrecht befassen. Die Schreiber treibt die Sorge um, dass die von US-Konzernen wie Google forcierten technischen Entwicklungen den Schutz des geistigen Eigentums aushöhlen. Mit einer Reform des europäischen Urheberrechts soll dies verhindert werden. Darüber hat das EU-Parlament diese Woche erneut beraten.
Anlass für Diskussionen geben vor allem zwei Themenbereiche. Zum einen soll ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Medienanbieter und insbesondere die Presse eingeführt werden. Zum andern will man Internet-Plattformen, auf denen das Publikum Videos oder Musikstücke publizieren kann, beim Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen stärker in die Pflicht nehmen.
Deutschland hat bereits vor fünf Jahren ein Leistungsschutzrecht eingeführt. Es blieb indessen wirkungslos, so dass dem Anliegen nun auf EU-Ebene mehr Durchschlagskraft verliehen werden soll. In diesem Sinn hat nun das EU-Parlament entschieden. Man will die Suchmaschinen und Aggregatoren dazu bringen, den Zeitungsverlagen Geld zu bezahlen, wenn sie auf ihren Plattformen Text-Anrisse und Links zu Zeitungsartikeln veröffentlichen.
Dieser Zwang ist allerdings schwer zu legitimieren. Suchmaschinen wie Google nehmen in ihre jeweiligen Themen-Portfolios nur kurze, von den Verlagen frei zur Verfügung gestellte Anrisse von Artikeln auf. Wenn dies die Zeitungsunternehmen nicht wollen, können sie es durch eine technische Massnahme verhindern. Es handelt sich also nicht um eine Weiterverbreitung, die gegen den Willen der Urheber erfolgt. Vielmehr profitiert die Presse von einer Steigerung der potenziellen Reichweite ihrer Erzeugnisse, wenn Google und andere Aggregatoren auf diese in Form von Zitaten hinweisen. Es wäre ebenso legitim, für eine derartige Dienstleistung eine Bezahlung zu verlangen.
Letztlich handelt es sich hier um eine für die digitale Ökonomie typische, gebührenfreie Tauschbeziehung, von der beide Seiten zu profitieren vermögen, indem sie auf dieser Basis neue Geschäfte entwickeln. Gewiss, das fällt den Informationsherstellern derzeit schwer. Der digitalisierte Medienmarkt gefährdet ihre herkömmlichen Geschäftsmodelle. Doch dieses Problem hat mit der Aggregation von Text-Anrissen durch Suchmaschinen nichts zu tun. Der vermeintlich einfache Ausweg, notleidenden Verlagen mit einem Leistungsschutzrecht zu neuen Einnahmen zu verhelfen, endet schnell in unsinnigem Protektionismus. Und er basiert auf der trügerischen Annahme, dass die neuen Zahlungspflichtigen nicht aus dem Markt aussteigen.
Anders ist die Problemkonstellation bei Plattformen wie Youtube. Dort laden die Besucher nicht nur Zitate oder Verweise, sondern vollständige, urheberrechtlich geschützte Produktionen hoch. Hier muss selbstverständlich das Copyright angewandt werden. Youtube setzt bereits Techniken ein, welche nach geschützten Werken suchen und diese sperren, wenn dies die Produzenten durch entsprechende Massnahmen vermerkt haben. Das EU-Parlament will nun aber, dass die sozialen Netzwerke schon während des Hochladens eines Medienprodukts prüfen, ob dieses urheberrechtlich geschützt ist. Das gefährdet die Medienfreiheit. Denn es besteht das Risiko, dass die Verantwortlichen allzu rigide filtern, um Gesetzesverstösse zu vermeiden.