Interview mit a. Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder, ehemaliges Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK-N), Rapperswil-Jona SG. Das Gespräch ist im aktuellen AUNS Bulletin Nr. 201 publiziert. Das Bulletin kann kostenlos bezogen werden: info@auns.ch
Frau Keller-Inhelder, Sie haben im September 2019 zwei Vorstösse im Nationalrat eingereicht: «Gefährliche hochansteckende Krankheiten – Ist die Schweiz vorbereitet?» und «Wie viele infizierte Patienten können gleichzeitig versorgt werden?» Hatten Sie hellseherische Fähigkeiten?
Ich befasse mich seit vielen Jahren intensiv mit Sicherheitsthemen, u.a. auch mit Viren und Pandemien. Die Geschichte lehrt uns, dass es immer wieder zu hochansteckenden Krankheiten kommt, die viele Millionen von Menschenleben auslöschen: Pocken, Pest, hämorrhagisches Fieber, Typhus, Cholera, Russische, Spanische, Asiatische Grippe, SARS-CoV, Vogel-, Schweinegrippe, Ebolafieber etc. Die Menschen vergessen schnell. Aber man muss Vorkehrungen treffen, um Risiken zu reduzieren.
Die Medien haben sich im September 2019 nicht für Ihre Vorstösse inter- essiert, Sie waren der Zeit voraus …
Meine Fragen hätten das Bundesamt für Gesundheit BAG aufrütteln sollen. Die Antworten waren aber besorgniserregend sorglos und ignorant – man fokussierte nur auf mein Beispiel Ebola und klammerte Wesentliches aus. Ich bin seit langem im Austausch mit Fachärzten aus der Virologie und Infektionsepidemiologie und wusste, dass die Schweiz nicht vorbereitet
war. Wir haben es erlebt – kein Desinfektionsmittel, keine Schutzmasken, eine vollkommen unvorbereitete Bevölkerung, dazu falsche Schutzbehauptungen, wie Schutzmasken würden nichts nützen. Diese Aussage war verantwortungslos und man bringt sie nun fast nicht mehr aus den Köpfen.
Schutzmasken braucht es also?
Wenn Infizierte Schutzmasken tragen, schützen sie alle anderen zu einem sehr hohen Prozentsatz. Alle die noch nicht wissen, dass sie infiziert sind, aber im Zug, Tram, im Einkaufszentrum oder an einer Versammlung mit vielen Menschen vorsorglich eine Maske tragen, stecken damit andere wesentlich weniger an – und damit schützen sich alle gegenseitig. Aber die notwendigen Masken waren ja leider nicht in den Pflichtlagern vorhanden, genauso wenig wie Desinfektionsmittel. Letztere braucht es dringend, weil man sich im öffentlichen Verkehr oder an Veranstaltungen ja nicht die Hände waschen kann, nachdem man eine infizierte Haltestange, Türfalle etc. berührt hat.
Wie geht es nun weiter?
Die Bedrohung durch Killer-Viren und Pandemien wird zunehmen. Die gewaltige weltweite Mobilität unter- stützt die schnelle Verbreitung von hochansteckenden Krankheiten. Die absichtliche Verbreitung von Viren durch Bioterrorismus ist realistisch. Sicherheitsexperten warnen vor der Gefahr von Anschlägen mit Biowaffen. Man braucht kein Verschwörungstheoretiker zu sein, um Fragen nach dem Ursprung der Spanischen Grippe oder des aktuellen Coronavirus SARS CoV-2 zu stellen. Wenn demnächst ein Virus kommt, das der Spanischen Grippe gleicht, müssen wir besser vorbereitet sein. Leben schützen und dabei die Wirtschaft nicht unnötig zum Stillstand bringen, muss die Devise sein. Ausserdem müssen wir unsere Grenzen kontrollieren und schützen und versorgungsrelevante Güter wieder in der Schweiz produzieren.
Das Gespräch führte AUNS-Geschäftsführer Werner Gartenmann