Stellungnahme der AUNS im Rahmen der Vernehmlassung zum Protokoll lII zur Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens vom 21. Juni 1999 auf Kroatien.
1. Ausgangslage
Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) steht der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union (EU) nach wie vor skeptisch gegenüber. Die Erfahrungen mit der Personenfreizügigkeit zeigen, dass grundsätzliche Annahmen und Versprechen des Bundesrates und der Befürworter falsch waren beziehungsweise nicht gehalten worden sind.
Die Netto-Einwanderung aus dem EU-Raum in die Schweiz ist im EU-Vergleich massiv. Die Folgen für die Schweizer Bevölkerung sind täglich spürbar:
- Verkehrsüberlastung
- Situation am Arbeitsplatz
- Mietpreise
- Immobilienpreise
- Landverbrauch.
Auf mittlere und lange Frist wird sich die Situation durch die masslose EU-Zuwanderung verschlechtern. So werden auch die Sozialversicherungen unter Druck geraten, erste Anzeichen dafür sind dokumentiert. Schwerwiegend ist zudem die Tatsache, dass die rechtlichen Grundlagen der Personenfreizügigkeit die direkte Demokratie zunehmend aushebeln.
2. Kollision mit der direkten Demokratie
Es zeichnet sich ab, dass die Personenfreizügigkeit im Rahmen der vom Bundesrat geplanten Lösung der sogenannten institutionellen Fragen mit der EU eine Schlüsselrolle einnehmen wird. Die Weiterentwicklung des entsprechenden EU-Rechts wird dazu führen, dass die direkte Demokratie im Bereich der Steuerung der Einwanderungspolitik, der Ausgestaltung der Ausländer- und Sozialpolitik sowie der Arbeitsmarktbedingungen weiter eingeschränkt wird. Bestrebungen für eine Übernahme der EU-Unionsbürgerschaft durch die Schweiz, welche Personen aus dem EU-Raum faktisch mit Schweizer Bürgerinnen und Bürgerinnen in sämtlichen Lebensbereichen gleichstellt, sind bereits ein Thema. Erschwerend für die direktdemokratische Mitsprache der Schweizer Stimmbevölkerung wird die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung sein, den EU-Gerichtshof (EuGH) als letzte Instanz für die Auslegung der Umsetzung der bilateralen Verträge – so auch der Personenfreizügigkeit – anzuerkennen.
3. Grundidee nicht vereinbar mit der Souveränität der Schweiz
Die Personenfreizügigkeit ist quasi der Kern der Idee der EU. Mit der Unionsbürgerschaft soll ein eigentlicher EU-Bürger geschaffen werden. Nebst dem freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital gehört der freie Personenverkehr zu den sogenannten grundlegenden Freiheiten der Union. Deshalb reagiert die EU-Kommission ungehalten, selbst dann, wenn in den EU-Staaten die problematischen Folgen der Personenfreizügigkeit diskutiert wird. Aktuell hat die britische Regierung mitgeteilt, sie wolle die Freizügigkeit einschränken. Die EU-Kommission reagierte unmissverständlich, eine uneingeschränkte Personenfreizügigkeit sei absolute Voraussetzung für die britische EU-Mitgliedschaft.
4. Wirkungslose Schutzmassnahmen und Erpressung
Die Schweiz hat als Nicht-EU-Mitglied die Personenfreizügigkeit ohne wirksame und griffige Schutzmassnahmen übernommen. Die Ventilklausel und Übergangsfristen, wie sie jetzt auch wieder für die Ausdehnung auf Kroatien vorgesehen werden, sind für die Schweiz wirkungslos, sie sind im besten Fall „Beruhigungspillen“ für das Schweizer Volk. Der Bundesrat hat zudem die Guillotine-Klausel akzeptiert, welche bei einer Nichtfortsetzung der Personenfreizügigkeit seitens der Schweiz sämtliche Verträge des bilateralen Paketes 1 einseitig kündigt. Diese für ein souveränes Land erpresserische Vertragskultur zeigt, dass sowohl für die Schweizer Befürworter des EU-Beitritts – unter anderem für die Mehrheit des Bundesrates – als auch für die EU selber die Personenfreizügigkeit der Königsweg eines schleichenden EU-Beitritts darstellt oder anders formuliert: Die Personenfreizügigkeit ist ein Beitrittsbeschleuniger.
5. Widerspruch Personenfreizügigkeit
Wirtschaftlich ist festzuhalten, dass die Personenfreizügigkeit wenig mit „freiem Verkehr“ zu tun hat. Dies belegen die dauernd erweiterten flankierenden Massnahmen, um die negativen Auswirkungen für die Schweiz im Griff zu halten. Hier liegt der Beweis, dass die Personenfreizügigkeit der falsche Weg ist. Das Netz an flankierenden Massnahmen ist bereits heute äusserst eng, unübersichtlich, bürokratisch und kostenintensiv. Diese Entwicklung führt dazu, dass der bis anhin flexible Arbeitsmarkt der Schweiz, ein entscheidender Standortvorteil, zunehmend staatlich reguliert wird. Gleichzeitig steigt der administrative Aufwand für die Unternehmen.
6. Kroatien und Schlussfolgerung
Kroatien weist schlechte Wirtschaftsdaten und eine hohe Arbeitslosigkeit aus. Die Zuwanderung aus Kroatien wird deshalb spürbar werden.
Die AUNS zum Schluss, aufgrund der wirtschaftlichen Situation in Kroatien und aus grundsätzlichen Überlegungen die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien abzulehnen.
Die AUNS ist nicht bereit, den Zugang zum EU-Binnenmarkt um jeden Preis zu erkaufen und auf eine eigenständige Zuwanderungs- und Ausländerpolitik zu verzichten. Unter Berücksichtigung der Fakten und der absehbaren Entwicklung muss die Personenfreizügigkeit mit der EU grundsätzlich in Frage gestellt werden.
Die AUNS behält sich die Ergreifung des Referendums vor.