Seit einem Jahr nimmt eine AUNS-Arbeitsgruppe das Dossier «Schengen/Dublin» unter die Lupe. Sie zeigt nun auf, wie die negativen Folgen bekämpft werden können.
Dr. iur. Patrick Freudiger leitet die Gruppe und gibt eine Zwischenbilanz.
AUNS: Die Arbeitsgruppe hat den Auftrag erhalten, sich einen Überblick über die Folgen der Schengen/Dublin-Mitgliedschaft für die Schweiz zu verschaffen. Zu welchem Ergebnis ist sie gekommen?
Patrick Freudiger: Die Arbeitsgruppe hat mehrere Experten aus Politik und Verwaltung befragt und zudem anhand der zur Verfügung stehenden Akten eine Analyse gemacht. Sie kommt zu folgendem Ergebnis: Die Übernahme der Abkommen von Schengen und Dublin hat sich nicht bewährt. Die Schweiz hat sich völkerrechtlich verpflichtet, sämtliche künftigen Änderungen des Schengen- und Dublin-Rechts zu übernehmen (im Visa-, Ausländer- oder Waffenrecht). Die Abschaffung der systematischen Grenzkontrollen fördert illegale Einwanderung und Kriminaltourismus. Das Waffenrecht wurde unnötig verschärft. Das Dublin-System wiederum funktioniert nicht, weil Staaten wie Italien und Griechenland mit dem Schutz der Aussengrenze völlig überfordert sind. Zudem sind die Kosten der Mitgliedschaft im Schengen- und Dublin-Raum erheblich höher als bei der Abstimmung angenommen. Auch in Europa scheint man zudem den Glauben an die Funktionsfähigkeit der Abkommen je länger je mehr zu verlieren.
Welche Möglichkeiten sieht die Arbeitsgruppe, den doch überwiegenden Nachteilen zu begegnen?
Das Schengen-Abkommen erlaubt eine befristete Wiedereinführung von systematischen Grenzkontrollen. Viele EU-Staaten haben davon Gebrauch gemacht und die befristete Einführung seither sogar verlängert (z.B. Frankreich, Österreich). Durch eine solche schengenkonforme Wiedereinführung von Grenzkontrollen könnte die Schweiz die Nachteile offener Grenzen ein Stück weit mildern, ohne das Abkommen künden zu müssen. Leider fehlt in der Schweiz heute der politische Wille zu einer solchen Massnahme. Eine gute Lösung für die Schweiz wäre es, analog dem Beispiel des Noch-EU-Mitglieds Grossbritannien Zugang zum Schengener Informations-System SIS (Datenbank zur Kriminalitätsbekämpfung) zu haben, ohne jedoch zur Übernahme von Schengen-Recht verpflichtet zu sein. Eine solche internationale Zusammenarbeit, beschränkt auf die Bekämpfung von Kriminalität, sollte ja an sich im Interesse aller Staaten liegen. Ob die EU angesichts der europaweit ohnehin zunehmenden Zweifel am Schengener Abkommen zu einer solchen Lösung bereit wäre, bleibt aber fraglich. Ungeachtet der schwerwiegenden Nachteile der Abkommen von Schengen und Dublin hat die Arbeitsgruppe aber auch festgestellt, dass ein mögliches Rahmenabkommen mit der EU oder auch das bestehende Personenfreizügigkeitsabkommen die Unabhängigkeit der Schweiz noch tiefgreifender beeinträchtigen.
Wie sieht der Zeitplan für das Stopp-Entwaffnungs-Referendum aus und welche Wirkung hätte ein anschliessender Abstimmungserfolg?
Im Gefolge der Terroranschläge von Paris wurde innerhalb der EU eine weitere Verschärfung des Waffenrechts salonfähig. Vorgesehen sind einschneidende Massnahmen: Magazine privater Sturmgewehre dürften grundsätzlich nur noch Platz für 10 Schuss haben, beim Waffenerwerb müsste ein Bedürfnisnachweis erbracht werden und Schützen müssten zudem neu Mitglied in einem Verein sein. Die EU-Staaten müssen dem Vorschlag formell noch zustimmen. Als Schengen-Mitglied müsste die Schweiz diese Änderungen ebenfalls übernehmen. Die freiheitliche Schweizer Waffentradition wäre in Frage gestellt. Während sich Kriminelle kaum um schärfere Waffengesetze kümmern, würden rechtschaffene Schützen schikaniert. Stimmt das Schweizer Parlament einer solchen Verschärfung zu, kann dagegen ein Referendum ergriffen werden. Lehnt das Volk die Änderung ab, widerspricht dies an sich der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rechtsübernahme gemäss Schengen-Assoziierungsvertrag. Was danach passiert, dürfte im Wesentlichen Verhandlungssache sein: Denkbar ist, dass die EU die Haltung der Schweiz akzeptiert. Möglich wäre aber auch, dass die EU das Schengen-Assoziierungsabkommen mit der Schweiz nicht mehr weiterführen will. Vorstellbar wäre schliesslich, dass sich die Vertreter der Schweiz und der EU auf eine Art Alternativlösung einigen wollen. Die Schweizer Bevölkerung müsste dann besonders gut aufpassen, dass der Volksentscheid so nicht unterlaufen wird.
Die AUNS lehnt diese strikt ab. Das Referendum gegen die EU-Richtlinie wird die AUNS aktiv unterstützen.