Es ist eine der zentralen Aufgaben eines Staates, die Ernährung seiner Bevölkerung zu jeder Zeit sicherzustellen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, mussten in der Vergangenheit grösste Anstrengungen unternommen werden. Heute geht eine Mehrheit der Bevölkerung und der Politik davon aus, dass die Versorgung mit gesunden Lebensmitteln auch in Zukunft kein Problem sein wird. Dass mit inländischer Produktion gerade noch rund 50 Prozent der benötigten Kalorien produziert werden und wir für den Rest auf Importe angewiesen sind, beunruhigt scheinbar nur wenige.
Ein Beitrag von Nationalrat Andreas Aebi, Nationalrat SVP, dipl. Landwirt, Lehrlingsausbildner, Alchenflüh BE; Mitglied der Aussenpolitischen Kommission und der Delegation bei der parlamentarischen Versammlung der OSZE.
Ernährungssicherheit – Es war nicht immer so
Viele ziehen die Anstrengungen der Anbauschlacht im Zweiten Weltkrieg ins Lächerliche. Umringt von Feinden versuchte die Schweiz damals, sich selbst zu versorgen: Fussballfelder wurden umgepflügt und mitten in der Stadt wurden Kartoffeln gepflanzt. Ein Kampf um die Versorgung der eigenen Bevölkerung wurde mit grosser Leidenschaft geführt. Heute machen sich viele Leute lustig über die Anstrengungen unserer Grosseltern; für diese aber war Hunger eine bittere Realität. Dass nochmals eine Zeit kommen könnte, in der wir nicht genug zu essen haben, können sich die Menschen heute gar nicht mehr vorstellen. Zu sehr haben wir uns daran gewöhnt, dass die Gestelle im Grossverteiler immer voll sind. Und doch ist es nicht allzu lange her, dass Schweizerinnen und Schweizer Hunger litten.
Ernährungssicherheit – Ein kleiner Schritt von zu viel in Richtung zu wenig
Mit grossen Worten verspricht unser Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, dass die Ernährung heute global gesichert wird und die Schweiz zu jeder Zeit genügend Nahrung importieren könne. Gutgläubig nicken wir ihm zu, denn es stimmt ja; schliesslich ist die Schweiz eines der reichsten Länder. Da wird ja wohl immer etwas zu kaufen sein, in dieser globalisierten Welt. Das ist richtig, solange alles normal läuft. Aber das Gefüge ist instabiler, als wir denken. Grosse Waldbrände in Russland und eine Dürre in Australien haben 2008 dazu geführt, dass innert weniger Wochen die Weltreserven an Getreide zusammenbrachen und grosse Exporteure von Weizen ihre Ausfuhren stoppten mit dem Argument, zuerst ihre eigene Bevölkerung ernähren zu wollen, bevor sie Getreide exportieren. Die weltweiten Weizenreserven waren auf ein Allzeittief von noch 10 Tagen gefallen. Herr Schneider-Ammann: Was nützt einem alles Geld der Welt, wenn es keinen mehr gibt, der einem etwas verkaufen will?
Die inländische Produktion beträgt noch 50 Prozent des Bedarfs. Für den Rest sind wir auf Importe angewiesen.
Ernährungssicherheit – Wissen, was wir essen
Bei der Frage um die Ernährungssicherheit geht es aber nicht nur darum, ob wir genügend zu essen haben, sondern auch, was wir zu essen haben. Das globale Ernährungssystem ist getrieben von Profitgier und dem Credo «Geiz ist geil». Dabei ist es plötzlich nicht mehr wichtig, ob nun Pferde- oder Rindfleisch in der Lasagne steckt. Hauptsache, der Profit stimmt und der Konsument bemerkt nichts. Oder wer weiss schon, mit welchen Mitteln die Erdbeeren aus Peru behandelt wurden oder was genau in der Wurst aus Kanada steckt?
Ernährungssicherheit heisst Selbstbestimmung
Selbst zu bestimmen und zu wissen, wie unser Essen produziert wurde und die Fähigkeit zu haben, möglichst viel von der benötigten Nahrung selber zu produzieren, das bedeutet Ernährungssicherheit.
Weniger Abhängigkeit von anderen Ländern und Grosskonzernen, das ist echte Ernährungssicherheit, wie sie der Staat zu garantieren hat. Um dies auch in Zukunft zu sichern, braucht es die Initiative für Ernährungssicherheit des Bauernverbandes. Wenn die Politik nicht selber handelt, muss das Volk es tun und seine Zukunft selber gestalten. Mit der Initiative für Ernährungssicherheit können wir ein Zeichen setzen, dass wir eine starke und unabhängige Schweiz wollen. Denn ohne Banken können wir leben, aber ohne Essen nicht.