Die EU-Kommission will mit der Schweiz ein Rahmenabkommen abschliessen. Vordergründig wird argumentiert, es gehe um eine einheitliche Auslegung und Anwendung des EU-Binnenmarktrechts.
Die EU-Befürworter hierzulande ziehen die altbekannte Drohkulisse auf: Ohne Rahmenabkommen kein Zugang zum Binnenmarkt. Ohne Rahmenabkommen droht Verlust von Arbeitsplätzen und Wohlstand. Die EU-Befürworter sagen nicht, dass der Zugang zum EU-Binnenmarkt mit dem Freihandelsabkommen und einigen bilateralen Abkommen geregelt ist - diese stehen nicht zur Diskussion.
Der EU-Kommission geht es in Tat und Wahrheit um den Abbau des Schweizer Lohnschutzes. Die sogenannten Flankierenden Massnahmen hat die Schweiz mit der Übernahme der EU-Personenfreizügigkeit eingeführt. Die EU-Kommission will, dass die Personenfreizügigkeit in der Schweiz schrankenlos gilt.
Der Druck auf den Schweizer Arbeitsmarkt ist Realität. Über 1 Mio. EU-Bürger leben in der Schweiz, gegen 370'000 EU-Grenzgänger arbeiten in der Schweiz. Der Lohndruck ist also auch eine Realität.
Tatsache: Ein EU-Rahmenabkommen wird die Schweizer Gesetzgebung und die direkte Demokratie unter das Diktat des EU-Gerichtshofes EuGH stellen. Verharmlosend wird gesagt, das biete auch der Schweiz die Möglichkeit , bei Rechtsstreitigkeiten ein zuständiges Gericht anrufen zu können (EU-Recht-Prof. Astrid Epiney Uni FR) . Nebenbei gesagt, bereits heute besteht die Möglichkeit, in den Gemischten Ausschüssen Probleme zu lösen, wenn es denn solche überhaupt gibt.
Es ist abzuwägen, ob die Möglichkeit der Schweiz, den EuGH anrufen, unter dem Strich die Möglichkeit der EU, die direkte Demokratie der Schweiz einzuschränken, gleichwertig sind. Wohl kaum.
Verharmlosend sagen die EU-Befürworter, man werde Schiedsgerichte einberufen: 1 Richter aus der Schweiz, 1 Richter aus der EU, 1 Richter aus einem Drittstaat. Tönt gut. Aber solche Schiedsgerichte spielen im EU-Binnenmarktrecht keine Rolle. Der EU-Binnenmarkt basiert praktisch auschliesslich auf EU-Recht – ist ja auch logisch. Der EU-Gerichtshof EuGH ist der Wächter über das EU-Recht. Zu glauben, dieser Gerichtshof werde seine Gewalt aufweichen, ist reine Phantasie. Lesen Sie, welche Aufgaben der EuGH hat, dann ist die Sache klar:
Grundsätzliche Aufgaben:
Gewährleisten, dass EU-Recht in allen EU-Mitgliedsländern auf die gleiche Weise angewendet wird und dafür sorgen, dass Länder und EU-Institutionen das EU-Recht einhalten.
Der Gerichtshof der Europäischen Union legt das EU-Recht aus und gewährleistet damit, dass es in allen EU-Ländern auf die gleiche Weise angewendet wird. Ausserdem entscheidet er in Rechtsstreitigkeiten zwischen nationalen Regierungen und EU-Institutionen.
In bestimmten Fällen können Privatpersonen, Unternehmen oder Organisationen ihn in einer Streitsache mit einer EU-Institution einschalten, wenn diese ihrer Auffassung nach ihre Rechte verletzt hat.
Aufgaben des EuGH im Detail:
Die häufigsten Rechtssachen sind:
- Auslegung des Rechts (Vorabentscheidungen): Nationale Gerichte in den EU-Ländern müssen gewährleisten, dass das EU-Recht korrekt angewendet wird, doch die Auslegungen der Gerichte der einzelnen Länder stimmen nicht immer überein. Hat ein nationales Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung oder Gültigkeit einer EU-Rechtsvorschrift, kann es den EuGH um Klärung bitten. In gleicher Weise kann überprüft werden, ob ein nationales Gesetz oder eine Verwaltungspraxis mit EU-Recht übereinstimmt.
- Durchsetzung des Rechts (Vertragsverletzung): Klagen gegen die Verwaltung eines EU-Landes, wenn diese das EU-Recht nicht anwendet. Ein solches Verfahren kann von der Europäischen Kommission oder einem anderen EU-Land eingeleitet werden. Wenn sich herausstellt, dass das Land im Unrecht ist, muss es den Missstand sofort beheben, anderenfalls wird es in einem zweiten Verfahren eventuell zu einem Bußgeld verurteilt.
- Annullierung von EU-Rechtsakten (Nichtigkeitsklagen): Wenn Grund zu der Annahme besteht, dass ein EU-Rechtsakt gegen die EU-Verträge oder die Grundrechte verstößt. Eine solche Klage einreichen können der Rat der EU, die Europäische Kommission oder (in einigen Fällen) das Europäische Parlament. Einzelpersonen können dem Gericht ebenfalls eine Nichtigkeitsklage vorlegen, um einen EU-Rechtsakt zu annullieren, der sie direkt betrifft.
- Gewährleistung des Eingreifens der EU (Untätigkeitsklagen): Parlament, Rat und Kommission müssen unter bestimmten Umständen Entscheidungen treffen. Wenn sie dies versäumen, können andere EU-Institutionen oder gegebenenfalls auch Einzelpersonen oder Unternehmen beim EuGH eine Klage einreichen.
- Strafmassnahmen gegen EU-Institutionen (Massnahmen bei Schäden): Privatpersonen oder Unternehmen, deren Interessen aufgrund von Handlungen oder Unterlassungen der EU oder ihrer Mitarbeiter geschädigt wurden, können sich an den EuGH wenden.
Quelle: https://europa.eu/european-union/about-eu/institutions-bodies/court-justice_de