«Was an Europa immer wieder erstaunlich ist: Dass wir uns in vielen Punkten so ähnlich und dann doch wieder so verschieden sind. Die Politik in Europa braucht Realismus. Realismus und Visionen. Und deshalb verkündigen wir bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit, dass wir in Deutschland mehr Schweiz brauchen.»
Ausschnitte aus der Rede von Frauke Petry anlässlich der 31. AUNS-Mitgliederversammlung im April 2016:
«Ich möchte ein bisschen nachzeichnen, was unserer Ansicht nach der Grund dafür ist, was in Deutschland und in anderen Staaten der aktuellen EU über die Jahrzehnte passiert ist. Nun kann ich über die 50er-, 60er-, 70er- und 80er-Jahre nur aus der öffentlichen Erinnerung berichten. Aber seit Beginn der 90er-Jahre spätestens habe ich Politik sehr bewusst als Kind, als Jugendliche erlebt. Dort liegt letztlich auch der Grund dafür zu suchen, dass wir im Jahr 2013 nach sehr, sehr grosser Vorlaufzeit die AfD gegründet haben.
Aufgewachsen in der Diktatur – ich bin in Dresden geboren und habe bis Anfang des Jahres 1990 mit meiner Familie dort gelebt –, habe ich von der Politik erst mal aus der Ferne, aus den öffentlich-rechtlichen (TV-)Sendern erfahren. Und habe mir erst im Lauf meiner Jugend erarbeitet, was ich über die Politik in der alten BRD weiss. Etwa über die grossen ideologischen Kämpfe zwischen Konservativen, Sozialisten und Liberalen, die noch im deutschen Bundestag geführt wurden – im Parlament und nicht moderiert wie heute in Fernseh-Talkshows. Da gab es noch kantige Persönlichkeiten, die auch einmal unter die Gürtellinie gingen. Es waren Menschen, die Politik nicht nur unter dem Siegel der Political Correctness ausgeübt, sondern sie als Berufung verstanden haben. Es waren nicht unbedingt immer bessere Menschen, aber in gewisser Weise Politiker mit Charakter, auch wenn man sich nicht mochte.
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Wenn ich heute in der (deutschen) Politik etwas vermisse, ist es genau das: Es gibt fast keine etablierten Politiker, die überhaupt noch Charakter zeigen. Genau das brauchen wir aber wieder!
Wir brauchen verschiedene Standpunkte, verschiedene Lebensentwürfe, verschiedene Visionen. Wenn wir davon reden, dass es in Deutschland ausserhalb der AfD keine aktuelle Oppositionspartei mehr gibt, liegt es daran, dass es grundsätzlich fast schon egal ist, ob ein Politiker der SPD, die sich von oben der 10%-Marke nähert, ob er der CDU, ob er den Linken oder den Grünen angehört.
Visionen – und Realismus
Die Politik in Europa braucht Realismus. Realismus und Visionen. Und anders als der verstorbene Altkanzler Schmidt, der Personen mit Visionen zum Arzt schicken wollte, glaube ich, dass wir zwischen Vision und Utopien unterscheiden müssen. Wer keine Vision mehr hat, wer keine Vorstellungen mehr davon hat, wie Ihr Land, wie unser Land, wie Europa in Zukunft aussehen soll, der weiss ja gar nicht, wofür er eigentlich einsteht, wofür er eigentlich kämpft. Visionen haben, an ihnen arbeiten und diese immer wieder mit der Realität abgleichen – das ist genau das, was wir auch in der Schweiz an den Politikern der grossen Parteien vermissen. Der Abgleich zwischen Parteipolitik und den Bürgern auf der Strasse, am Stammtisch, in der Schule, am Arbeitsplatz – dieser Austausch findet nur noch ungenügend statt.
Wir kritisieren, dass Wahlen häufig nur noch als Berechtigung verstanden werden, in der Legislatur dazwischen bis zur nächsten Wahl zu machen, was man will. Und Sie sind dazu da, dass das in der Schweiz nicht passiert.
Dabei haben Sie Deutschland und damit auch uns als noch recht junger Partei einiges voraus. Einiges an Demokratietradition und Debattenkultur und natürlich auch an politischen Instrumenten, um Ihre Diskussion in die Öffentlichkeit zu tragen. Und deshalb verkündigen wir bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit, dass wir in Deutschland mehr Schweiz brauchen.»
Die ganze Rede von Frauke Petry:
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